Ein Querdenker macht Schule
„Pâtisserie ist
einfach”. Ein Satz, der recht simpel
klingt. Hinter diesen Worten steckt aber eine Menge an Wissen, Handwerk und
Leidenschaft. Sie stammen von Matthias Mittermeier, seines Zeichens Maître Pâtissier,
Chocolatier, Glacier und Skulpteur. Er ist kein unbekannter in der Branche,
unzählige Jahre in der Spitzengastronomie haben ihn geprägt und bekannt gemacht.
Bei Wettbewerben machte er sich ebenso einen Namen. Nun sei er aber im Pfersich
Trend-Forum angekommen, dort leitet er seit knapp sechs Jahren das Seminarangebot.
Dabei gilt die Pâtisserieschule in Neu-Ulm als eine hervorragende Plattform für
den Austausch über die süße Kunst mit anderen Pâtissiers, Konditoren oder
Hobbyisten. Die Vermittlung von Wissen und handwerklichem Können steht an
erster Stelle, sich selbst weiter entwickeln lautet die Devise. „Die
Pâtisserie ist vielschichtig und weitläufig wie die Äste eines Baumes. Jeder Zweig
führt wo anders hin”, erklärt Matthias, während er
uns eines seiner wunderbar duftenden Croissants reicht.

„Die Pâtisserie ist ein wunderbares Spielzeug.”

Sieben
Komponenten, ein Dessert: Grüntee-Yuzu-Pudding mit einer Meringue aus scharfem
Senf und der eben genannten japanischen Frucht. Eine leicht saure Fruchtnote
durch das Himbeergel, getrocknetes Schokoladenmousse trägt zum besonderen
Geschmackserlebnis bei. Vollendet durch gefrorene Himbeer-Yuzu-Luft und hellem
und dunklem Schokolade-Popcorn. Besonders das Wissen um Chemie und Physik im
Lebensmittelbereich lässt Matthias einen großen Spielraum bei seinen Desserts.
So hantiert er vor unseren Augen mit Stickstoff, es entstehen kleine Popcorn
aus einer Schokoladen-Wasser Mischung. „Nichts ist unmöglich. Man muss
nur das Know-how dazu haben”, erklärt der Seminarleiter am Pfersich
Trend-Forum, während er ein süßes Popcorn in die Kamera hält.


Er wollte immer
von den Besten lernen, meint Matthias. Nach 15 Jahren in der Spitzengastronomie
habe er davon aber genug gehabt. Nun holt er einige der Top-Pâtissiers oder
Konditoren aus der ganzen Welt zu sich nach Neu-Ulm und bietet somit den KursteilnehmerInnen die Chance, Wissen und
Handwerk direkt von den Stars der Branche zu lernen. Seit fast sechs Jahren
leitet er nun die Pâtisserieschule, sein Schwerpunkt liegt im Bereich
Zuckerskulpturen. Dazu habe er immer ein Bild im Kopf von der fertigen Arbeit,
er sehe sich als eine Art Designer. „Künstler bin ich keiner. Ich
könnte jedem und jeder beibringen, solche Skulpturen zu machen, Künstler machen
einzigartige Dinge”, sagt der Fooddesigner und
arbeitet behutsam weiter an seiner weißen Schokoladenfeder.

„Zucker ist einer der faszinierendsten Stoffe.”

Eine
Rose, fast noch schöner wie das Original. Sie sei sehr zerbrechlich, noch empfindlicher
wie Glas, meint Matthias, als er mir die faszinierende Zuckerrose zeigt. Vor
meinen Augen hat er sie gerade aus Isomalt gezogen, etwa 80 °C hat der Zuckeraustauschstoff,
damit er sich noch formen lässt. Es sieht spielend leicht aus, wenn er am
Zucker zieht und zupft. Wie viele solche Rosen er schon gemacht hat? Tausende,
antwortet der Spitzenpâtissier. Bei unzähligen Wettbewerben war Matthias schon
dabei, begonnen hat er damit im Lehrlingsalter. Im Jahr 1999 wurde er zum
Konditor des Jahres, 2004 bestritt er die Weltmeisterschaft der Konditoren in
Rimini. Mittlerweile sei er aber zu alt dafür, erzählt mir Matthias lachend, er
mache jetzt eben andere Dinge.

Mit anderen Dingen meint er meterhohe
Zuckerskulpturen, sitzt unteranderem in der Jury des Patissier des Jahres und
gibt Kurse in der Pferisch Patisserieschule in Neu-Ulm. Ebenso versucht er sich
gerade darin, Zucker fliegen zu lassen. Mit der Natur habe das jedoch nicht
mehr viel zu tun, interessant finde er es trotzdem. Auch das zeigt uns Matthias,
wie er gekochten Zucker mit Helium fühlt und
süße Luftballons steigen lässt. Die Idee dazu, sei ihm im Legoland
gekommen. Er überlegte sich, Lebensmittel, die dehnbar sind, aufzublasen und in
die Luft steigen zu lassen. Das Ziel dabei: Irgendwann Food, wie etwa Torten,
fliegen zu lassen. „Natürlich braucht das keiner, ich
mache das um Freude zu bereiten und zu überraschen”,
erklärt der Pâtissier. Anders sein und innovativ denken, die Philosophie des Seminarleiters
des Trend-Forums.

„Ich muss anders sein, sonst habe ich heute keine
Chance.”
Sachertorte
oder Marmor-Gugelhupf findet man im Pfersich Trend-Forum nicht.
Außergewöhnliches statt Gewöhnlichem lautet das Motto des Pâtissier, er
versuche sich stets neu zu erfinden. Seine Törtchen punkten durch viel
Dekoration, Glanz und kleinen Spielereien. Den Biskuit macht er dann eben
schnell im Sahnezubereiter und der Mikrowelle, so bleibt mehr Zeit für die
Dinge, die erstaunen. Es zählt die Geschwindigkeit, mit der man etwas herstellen kann. Und das zeigt
er uns auch gleich, innerhalb von 30 Sekunden bäckt Matthias seinen Biskuit in
der Mikrowelle. Daraus zaubert er dann Desserts oder Törtchen, die herkömmliche
Zubereitung ist für ihn mittlerweile irrelevant. Lieber erfindet er sich
ständig neu, eignet sich Wissen an und wendet dieses auf seine Arbeitsschritte
an. Wissen ist für ihn Macht. „Unser Job ist es, das mit dem heute zur
Verfügung stehenden Wissen und der derzeitigen Technik beste Produkt
abzuliefern. Das sollten deshalb auch alle Pâtissiers und Konditoren tun,”
erklärt Matthias und verweist auf das Problem des
“Konditoreiensterbens”. Dabei
gibt er aber nicht die perfekte Lösung vor, er wisse sie selbst nicht, er
möchte dafür aber Möglichkeiten aufzeigen und Ideen liefern für neue Techniken
und Arbeitsweisen. Die Neugier und Leidenschaft für die süße Kunst muss aber
dennoch jeder selbst mitbringen, der diesen Beruf erfolgreich ausüben will.

Er gibt
auch nicht den Supermärkten und deren meist billigeren Waren die Schuld an der
verschlechterten Lage der Konditoren oder Gastronomen. „Dann
muss ich eben etwas Besseres oder Anderes machen als deren Produkte”,
sagt Matthias. Für den Preis den die Kunden zahlen, wollen sie auch eine
dementsprechende Leistung. Mit Luxus könne man heute punkten, meint der
erfolgreiche Pâtissier. Emotionen, Erstaunen und Begehrlichkeiten wecken lautet
hier das Motto. Dann steht dem Erfolg nichts im Weg.
„Ihr haltet mich
jetzt sicher für verrückt.”
Meint
Matthias, als wir uns von ihm verabschieden. Nein ganz und gar nicht. Es ist sogar sehr
erfrischend, jemanden zu treffen, der von der Norm abweicht. Der nachdenkt,
sich selbst hinterfragt. Der so viel Wissen über die Pâtisserie hat und dieses
ständig erweitern will. Der vor neuen Ideen keine Angst hat und so innovativ an
seine Arbeit geht. Und der dennoch noch so bodenständig, zuvorkommend und
höflich ist. Daher möchten wir uns ganz herzlich bei dir für diesen tollen und
lehrreichen Tag im Pfersich Trend-Forum bedanken. Danke für die hervorragenden
Leckerbissen, Desserts und für das Kochbuch, dass bei mir zu Hause jetzt einen
Ehrenplatz hat. Auch vielen Dank an die Familie Pfersich, die uns so außerordentlich
herzlich in der Pâtisserieschule willkommen geheißen hat. Ich hoffe sehr, dass wir
uns bald wieder sehen!

Kontakt zum Pfersich
Trend-Forum:
Alfred Pfersich GmbH & Co. KG
Pâtisserieschule
Trend-Forum
Messerschmittstraße 23
89231 Neu-Ulm, Germany
trendforum@pfersich.de
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